Zeitreise-Berichte der Klasse 10a des Integrierten Gesamtschule am Steintor in Halle (Workshop vom 25. bis 26. September 2023).
Irgendwann im Sommer.
Ich bin um acht Uhr aufgestanden. Dann habe ich direkt einen Kaffee getrunken und mich schnell angezogen. Nun bin ich los zum Krankenhaus gefahren. Ich mach das vor allem deshalb, weil die Regierung den Leuten, die sich MindLink implantieren lassen, 10.000 Euro zahlt. Jetzt habe ich endlich meinen Termin und werde in den OP gefahren.
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Es ist kaum ein Monat vergangen und ich bin jetzt wieder zu Hause – mit einem Chip im Kopf. Natürlich habe ich Angst abgehört zu werden. Andererseits brauche ich das Geld. Der nächste Schritt ist, einen Job zu finden. Irgendwie muss ich meine Schulden abzahlen. Die 10.000 Euro sind zwar schön, das reicht aber bei Weitem nicht für die schwarzen Zahlen. Mit MindLink wird es für mich deutlich einfacher einen Job zu finden, denn der Staat fördert ja die Gechippten. Und eine Arbeit als Mensch muss man erstmal finden, bei den unendlich vielen Robofirmen, die den Arbeitsmarkt dominieren.
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Es ist ein weiterer Monat vergangen und inzwischen habe ich bei einem noch von Menschen geführten Online-Portal angefangen. Als Journalist bekomme ich sehr gut mit, was die Gesellschaft so umtreibt. Vor allem die Sache mit dem Chippen treibt viele auf die Straße, die einen sind dafür, die anderen dagegen. Die Seiten sind so verhärtet, das ist wirklich beängstigend.
Die beschimpfen sich nur noch gegenseitig. Wenn sie sich doch wenigstens mal gegenseitig zuhören würden! Dass die Gechippten bei fast allem bevorzugt werden, sei es die Wohnungssuche, Einkommen oder die Gesundheitsversorgung, finde ich überhaupt nicht gut. Mir hatte man immer beigebracht, dass Demokratie Gleichheit vor dem Gesetz heißt. Aber so schnell kann sich das ändern.
Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…
1. Akt: In der Höhle der Löwen, eine Fernsehshow
In der „Höhle der Löwen“ präsentieren Unternehmer innovative Ideen vor einer Gruppe von erfahrenen Investoren. Diese „Löwen“ können Geld investieren und Unternehmensanteile erwerben, wenn sie von einer Idee überzeugt sind. Wir befinden uns im Jahr 2035 und heute ist Werner zu Gast. Er stellt seinen „Smart Chip“ vor.
Werner (nervös, den Smart Chip in der Hand haltend): Guten Tag, schön, dass ich heute hier sein kann.
Herr Günther (interessiert): Was haben Sie uns denn mitgebracht?
Werner (etwas zögerlich): Ich habe einen Chip entwickelt. Also erstmal einen Prototyp. Ich würde den jetzt mal rumgeben.
Werner reicht den Smart Chip vorsichtig an die Investoren.
Werner: Also das ist eine Erfindung von mir, die ich schon an meiner Familie getestet habe. Er wird uns Menschen noch weit voranbringen. Denn der Chip bekämpft zum Beispiel Krankheiten. Außerdem hilft er im Alltag. So können dadurch zum Beispiel Fahrkarten digital kontrolliert werden.
Herr Günther: Wie viel Umsatz haben Sie schon gemacht?
Werner: Bisher ist der Chip noch nicht frei verkäuflich. Dafür bräuchte ich Ihre Unterstützung.
Herr Max (zieht die Augenbrauen hoch): Aber Ihrer Familie haben Sie den Chip schon implantiert?
Werner: Ja, genau. Das hat alles reibungslos geklappt.
Herr Günther (räuspert sich): Und Sie arbeiten mit Nano-Bots, nehme ich mal an?
Werner: Exakt.
Herr Max: Wie viel Geld brauchen Sie denn von uns?
Werner: Also zum Anfang benötige ich ungefähr 2 Millionen Euro.
Herr Günther (nachdenklich): Ich verstehe. Da müssten wir mal berechnen, wie viel die in der Produktion kosten. Wie stellen Sie sich denn Ihre Anteile vor?
Werner (selbstbewusst): Naja, ich hätte schon gern fünfzig Prozent.
Herr Max: Fünfzig Prozent, die Hälfte also. Das ist ja ganz schön viel.
Herr Günther: Das klingt alles ganz gut, ist aber andererseits nicht meine Spielwiese. Zu viel Zukunftsgedöns. Mit den Krankheiten, das hört sich schon toll an. Aber nein, für mich ist das nichts.
Herr Max: Ich würde sagen (legt eine dramatische Pause ein), da haben wir einen Deal!
Werner und Herr Max geben sich unter Blitzlicht die Hand, während die Spannung in der Höhle der Löwen greifbar bleibt. Laute Musik ertönt.
2. Akt: In der Straßenbahn
Es gibt einen Zeitsprung, nun befinden wir uns im Jahr 2045. Zur Schule fährt Mark mit der Straßenbahn, die knapp über dem Boden auf einem Elektrofeld vorwärts gleitet. Er schaut aus dem Fenster und beobachtet die Menschen auf der Straße. Paul steigt ein. Als die Türen sich schließen, holt dieser einen kleinen Scanner aus seiner Brusttasche.
Paul: Schönen guten Tag, die Fahrkarten bitte!
Mark zuckt zusammen. Er schaut sich schnell um, doch schon steht Paul vor ihm.
Mark: Ähm… nun ja. Ich habe leider keinen Fahrschein.
Paul: Haben Sie keinen Smart Chip, den MindLink meine ich?
Mark: Nein, auch nicht.
Paul: Das wird richtig teuer, das wissen Sie schon, oder?
Mark: Echt, wie viel denn?
Paul: 200 Euro.
Mark (wird kreidebleich und stammelt): Nur weil ich keine Fahrkarte habe?
Paul: Ganz einfach, Sie sind nicht gechippt. Da langt der Staat richtig zu. Selbst schuld! Sie haben jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder Sie geben mir jetzt die 200 Euro in bar. Dann ist alles geregelt. Sie steigen aber an der nächsten Haltestelle aus und müssen sich dann ein gültiges Ticket kaufen. Oder aber ich gebe Ihnen jetzt nur eine Verwarnung. Wenn Sie sich binnen einer Woche den Chip implantieren lassen, sind Ihre Schulden automatisch beglichen.
Mark (nachdenklich): Da nehme ich die zweite Option. Aber ich habe eine Frage: Für was ist denn so ein Smart Chip gut?
Paul: Oh, der ist für einiges gut. Ich habe mir den erst neulich implantieren lassen. Er ist super, seitdem bin ich zum Beispiel nicht mehr krank!
Mark: Und was ist mit den Bahntickets?
Paul: Die Fahrkarte ist immer gratis mit dabei. Ich kann die einfach abscannen.
Mark: Krass!
Paul: Ich bräuchte trotzdem Ihre Daten.
Paul: Ja. Name: Paul. Andresse ist die Ludwigstraße 13.
Mark: 13?
Paul: Ja.
Mark: Gut. Ich würde Ihnen empfehlen, sich schleunigst bei Ihrem Arzt für die Implantation einen Termin zu holen.
Paul: Okay, mach ich.
Mark: Schönen Tag also.
Paul: Danke, Ihnen auch.
Mark wendet sich ab. Er steigt aus und hinter ihm schließen sich die Türen der Bahn.
3. Akt: Beim Arzt
Herr Bogge betritt das Arztzimmer. Dr. Blume ist noch mit einer Akte beschäftigt, legt diese allerdings beim Eintreten des Patienten beiseite. Herr Dr. Blume begrüßt Herrn Bogge in seiner Praxis.
Herr Dr. Blume: Guten Tag, Herr Bogge. Wie geht es Ihnen?
Herr Bogge (etwas zögerlich): Guten Tag, Herr Dr. Blume. Grundsätzlich geht es mir gut, aber in letzter Zeit habe ich gelegentlich diese stechenden Kopfschmerzen und ich fühle mich oft müde.
Herr Dr. Blume: Das tut mir leid zu hören. Lassen Sie uns das genauer untersuchen. Bitte setzen Sie sich, ich werde Ihren Smart Chip überprüfen.
Herr Bogge nimmt Platz, Herr Dr. Blume verwendet ein spezielles Gerät, um den Smart Chip zu überprüfen.
Herr Dr. Blume: Ihr SmartLink scheint einwandfrei zu funktionieren. Keine Anomalien oder Fehler.
Herr Bogge (verwirrt): Aber warum habe ich dann diese Kopfschmerzen und woher kommt diese Müdigkeit?
Herr Dr. Blume (nachdenklich): Das ist schwer zu sagen. Manchmal können diese Symptome auf Stress, Schlafmangel oder Ernährung zurückzuführen sein. Es wäre ratsam, Ihren Lebensstil und Ihre Gewohnheiten genauer zu überprüfen.
Herr Bogge (besorgt): Ich habe die Befürchtung, dass ich durch MindLink überwacht werde oder auf irgendeine Weise gefährdet bin.
Herr Dr. Blume (beruhigend): Vertrauen Sie mir, Herr Bogge, der SmartLink ist darauf ausgelegt, Ihre Gesundheit zu schützen. Ich bin mir sicher, dass es Ihnen bald besser gehen wird.
Herr Bogge: Na gut, wenn Sie meinen.
Herr Dr. Blume: Ich gebe Ihnen noch ein paar der intelligenten
Nano-Bots mit nach Hause. Einen schönen Tag noch!
Herr Bogge (etwas niedergeschlagen): Danke, Herr Doktor. Ihnen auch.
Herr Bogge steht langsam auf und verlässt weiterhin besorgt das Arztzimmer.
Redaktion: LK, PK.