Gedankenpolizei

Ein Zeitreise-Bericht einer 11. Klasse des Kurfürst-Joachim-Friedrich-Gymnasiums in Wolmirstedt
(Workshop vom 22. bis 23. August 2024)


Wir schreiben das Jahr 2045 – eine Welt mit vielen Facetten

Auf den ersten Blick scheint alles super zu sein: Menschen können auch im hohen Alter noch äußerst fit sein (siehe Bild) und die Politik hat viele fortschrittliche Gesetze verabschiedet (siehe Bild).

Doch ist das Leben nicht für alle so rosig, wie es erst scheinen mag. Hier ein Tagebucheintrag einer Person, die wohl zu den Verlierern zählen kann:

«Ich bin aufgewacht und habe mir erstmal Essen von temu bestellt. Es gibt heutzutage nur wenig ungesundes Essen, doch gesundes kann ich mir nicht leisten. Temu regiert die Firmenwelt als erfolgreichste Firma und dort bestelle ich mir Nudeln, denn Fleischprodukte kann ich mir nicht leisten.

Ich schicke jemandem meinen Einladungslink und die Wohltätigskeitsveranstaltungen für die Armen drücken drauf, wenn ich Glück habe. So spendet man heutzutage. Die Nudeln sind minderer Qualität und ich bin mir nicht im Klaren, ob sie wirklich leblos waren.

Es gibt eine große Gefahr für Krieg mit China. Doch jeder benutzt chinesische Produkte von Temu. Privatsphäre gibt es daher nicht mehr. Wenn ich nachts schlafen will, vergessen die Chinesen manchmal sich stummzuschalten und ich höre sie fanatisch über meinen Handylautsprecher reden.

Dazu macht es manchmal ein Foto mit Blitz, wenn ich vergesse, es von mir wegzurichten. Jedes Produkt hat nun eine Kamera. Das liegt an der neuen Temu safety Regel. Selbst das Bidet, welches ich von Temu bestellt hatte, hat eine. Ich klebe diese normalerweise ab, doch manchmal, wenn ich schlafe, wird das nachts einfach entfernt. Ich brauche das Bidet aber, da Klopapier verboten wurde, weil es zu umweltschädlich war.

Ich gehe um 9 Uhr zur Arbeit und habe heute meinen letzten Tag der 4-Tage-Woche. Ich verdiene nicht viel, da ich, nachdem die Afd verboten wurde, als Rassist bebrandmarkt worden bin, und nirgends mehr angenommen werde. Rechte Meinungen wie meine sind heutzutage nämlich verboten. In meinem Beruf passe ich auf nur auf, dass eine KI in meiner Firma keine Fehler macht.

Nach der Arbeit suche ich wie immer eine Freundin. Ich bin etwas zu dick, was aber heutzutage normal ist. Ich versuche eine auf der Dating-App TemUrLove jemanden zu finden. Ich habe aus Verzweiflung schon Männer als Möglichkeit angegeben. Das ist heutzutage nicht untypisch, aber doch eigentlich nichts für mich. Doch die einzigen Nachrichten, die ich bekomme, sind von bots. Ich bezahle deswegen für TemUrLove Gold. Ich werde damit dreimal soviel Leuten angezeigt, aber das einzige, was ich bis jetzt dazu bekommen habe, sind mehr bots und eine Beleidigung.

Als Abendessen esse ich nur eine Pille, die wichtige Nährstoffe enthält. Ich bezahle noch meine Steuern, welche fast alles von meinem Einkommen nimmt. Viele dieser Steuern sind für der Förderung der ökologischen Welt. Ich will mich schlafen legen, aber ich kann wieder nicht schlafen, da die Chinesen wieder zu laut reden.»


Die folgende Szene zeigt einen weiteren überraschenden Aspekt dieser Zukunftswelt…

1. Akt: Auf der Straße

 Handelnde Personen:  

  • Manni  
  • Tom – Tourist  
  • Polizist  

Manni geht die Straße entlang, da fällt ihm auf, dass er kein Handy dabei hat.

Manni: Man ey, ich hab mein Handy nicht dabei. Aber jetzt weiß ich ja gar nicht, wie spät es ist! Hm. (sieht sich um) Ich frage mal diesen netten jungen Kerl.

Er sieht jemanden an der Ecke stehen (Tom), geht auf ihn zu und spricht ihn an.

Währenddessen sieht man einen Polizisten, der – das Handy in der Hand – scheinbar suchend umhergeht. Er hält das Handy Richtung Manni.

Manni: Guten Tag! Wie spät ist es, können Sie mir bitte die Uhrzeit sagen?

Tom (zuckt hilflos die Schultern): Kein Deutsch.

Manni (genervt): Häh? Uhrzeit! Auf dem Handy bitte!

Tom (freundlich): Nix verstehn!

Manni: Nicht verstehen? Na gut, danke, schönen Tag noch.

Doch was Manni dabei denkt: „Diese scheiß Ausländer!

Polizist (schreit): Ey!

Der Polizist rennt auf Manni zu.

Polizist: Ab vor Gericht!

Er führt Manni ab. Tom, der Tourist, guckt verdutzt.


2. Akt: Im Gerichtssaal 

 Handelnde Personen:  

  • Manni  
  • Tom – Tourist  
  • Polizist  
  • Richter  
  • Verteidiger  

Im Gerichtssaal wird die Sache Manni verhandelt.

Richter: Sie sind wegen Paragraph 130 Absatz 17a angeklagt. Was sagen Sie dazu?

Manni: Gar nichts, was soll ich denn gemacht haben?

Verteidiger: Lassen Sie mich reden. (zum Richter): Was wird meinem Mandaten vorgeworfen?

Richter (geduldig): Wie Sie wissen, Herr Anwalt, gibt es neue Abhörmethoden. Damit können auch Gedanken hörbar gemacht werden. Und es wurde festgestellt, dass Ihr Mandant ausländerfeindliche Gedanken gedacht hat.

Manni: Das ist Schwachsinn, eine Lüge!

Richter: Sicher? Herr Polizist, spielen Sie doch bitte die Aufnahme ab.

Der Polizist holt sein Handy hervor und drückt darauf.

Handy (mit der Stimme von Manni): Ich hasse Ausländer! Diese scheiß Ausländer!

Verteidiger (ändert seine Taktik): Aber es ist egal, was er denkt. Es zählt ja nur, was er sagt.

Richter: Nein, seit zwei Jahren gibt es ein neues Gesetz, dass man auch für seine Gedanken haftet.

Polizist (stolz): Wir sind eine offene und tolerante Gesellschaft und wollen selbst so ein Gedankengut nicht haben!

Verteidiger (ändert wieder seine Taktik): Wer weiß, wie er es gedacht hat. Vielleicht hat er es ja satirisch gemeint.

Richter (zu Manni): Ach ja? Wie haben Sie es denn gemeint?

Manni: Natürlich satirisch.

Richter (zum Polizisten): Zeigen Sie uns bitte, was der Angeklagte dazu gedacht hat.

Handy (mit Mannis Stimme): Ich sage einfach, ich hätte es satirisch gemeint, obwohl es nicht stimmt, hähähä.

Polizist: Na bitte, da haben wir es. Schuldig!

Richter: Moment, wir hören noch den anderen Zeugen an. Bitte, Herr Tourist, was haben Sie dazu zu sagen?

Tom: Translate? (zeigt verzweifelt auf sein Handy, das nichts tut) Nichts verstehen. (zuckt die Achseln)

Verteidiger (befriedigt): Der Zeuge hat sich also nicht angegriffen gefühlt.

Richter (hart): Das spielt in dieser Sache keine Rolle. Die Sache ist klar. Das Gericht befindet Sie der gedanklichen Beleidigung und der Lüge vor Gericht schuldig. Abführen.

Der Polizist springt erfreut auf und führt Manni ab.

Verteidiger (ruft Manni hinterher): Es tut mir leid. Ich haue Sie da raus, ich bin an Ihrer Seite!


Redaktion: nrw