Zeitreise-Berichte der Klasse 10b des Integrierten Gesamtschule am Steintor in Halle (Workshop vom 25. bis 26. September 2023).
Tagebucheintrag vom 25. September 2045
Liebes Tagebuch,
heute ist mir was ganz Komisches passiert. Ich bin im Zug nach Hause eingeschlafen und auf einmal im Jahr 2045 aufgewacht. Ganz seltsam. Die haben jetzt gar keine Fahrscheine aus Papier mehr, alles ist jetzt digital. Und auch die Bezahlung – kannst du dir vorstellen, dass es kein Bargeld mehr gibt? Sogar die sozialen Medien sind anders, auf WhatsApp gibt es jetzt ganz neue Funktionen, um zum Beispiel in der Stadt die Standorte zu teilen. Das fand ich super cool. Halle war insgesamt auch viel größer und schneller. Ich bin gespannt, was ich noch so alles verpasst habe.
Deine Malena
Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…
1. Akt: Im Zug
Malena schläft im Zug. Sie kommt aus Halle, aber ist nach der Schule für eine Berufsausbildung nach Frankreich gezogen. Nun ist sie auf dem Weg nach Halle, um ihre Familie zu besuchen. Malena ist so müde von der Ausbildung, dass sie im Zug eingeschlafen ist.
Johann: Schönen guten Tag! Einmal die Fahrscheine bitte.
Johann scannt die Fahrkarten der anderen Passagiere. Gleichzeitig betritt Ludwig mit einem Wahlcomputer den Wagon.
Ludwig: Schönen guten Morgen! Haben Sie alle schon gewählt?
Maurus: Noch nicht, ich wollte das später machen.
Ludwig: Kein Problem, Sie können einfach hier das Tablet nehmen mit Ihrem Fingerabdruck und einfach jetzt wählen. Klicken Sie danach einfach auf „Beenden“. Das dauert nur wenige Sekunden.
Maurus: Alles klar, ich mach das schnell. (betätigt die Tasten und händigt das Tablet wieder aus)
Ludwig: Super, danke. Noch jemand hier?
Er wirft einen Blick in die Runde. Die restlichen Passagiere schütteln den Kopf.
Ludwig: Alles klar, dann noch einen schönen Tag!
Er verlässt den Wagon und stellt die Frage in dem nächsten Wagon.
Johann: So und mir werden jetzt die Karten gezeigt.
Er geht kontrollierend durch die Reihen. Malena wacht langsam auf…
Johann: Schönen guten Tag! Einmal den Fahrschein bitte.
Malena (kramt in ihrer Tasche): Äh, ja klar, einen Moment.
Johann (nimmt irritiert den papierenen Fahrschein in die Hand und begutachtet diesen): Äh, Moment mal. Was – Entschuldigen Sie bitte meine Frage – aber ist das Ihre einzige Fahrkarte?
Johann: Weil diese hier für das Jahr 2023 ist.
Malena: Wir sind doch auch im Jahr 2023.
Johann: Also entschuldigen Sie, wenn ich Sie jetzt verärgern sollte – aber wir haben das Jahr 2045. Schauen Sie mal hier auf meiner Anzeige, da steht der 26. September 2045. Und hier auf dieser Uhr steht das auch.
Malena (sehr verwirrt): Oh, dann habe ich tatsächlich keine Fahrkarte. Muss ich jetzt eine Strafe bezahlen?
Johann: Sie können auch jetzt einfach eine neue aktuelle Fahrkarte kaufen. Das wären dann 5 Euro.
Malena: Super! Reicht einen 5-Euro-Schein.
Johann: Na aber, Bargeld – das nehmen wir doch schon seit zehn Jahren nicht mehr. Wir machen das alles digital. 2035 hat doch die Mehrheit der lokalen Bevölkerung in Halle dafür abgestimmt, dass überhaupt kein Bargeld mehr verwendet wird und alles nur noch digital abläuft.
Malena: Oh, okay. Also ich habe noch keine Online-Zahlungsmöglichkeit. Das wusste ich nicht.
Maurus (sieht das Geschehen und eilt zur Hilfe): Ich kann für dich bezahlen, kein Problem!
Er hält seine Bankkarte an das Gerät des Schaffners.
Malena: Ich danke dir. Aber das verwirrt mich alles sehr…
Zugdurchsage: Nächster Halt – Halle Hauptbahnhof.
Malena tritt aus dem Zug.
2. Akt: Auf einer Straße in Halle
Malena läuft, immer noch verwirrt, durch die Straßen von Halle. Dort trifft sie auf einen ehemaligen Klassenkameraden …
Malena: Thomas? Lange nicht gesehen, ja hallo! Aber warum siehst du denn aus wie 40?
Thomas: Hallo Malena! Hä, 40?! Ich bin 37!
Malena: Was – 37? Aber wir haben doch letztes Jahr erst den Schulabschluss gemacht. Heute Morgen meinte das Gleiche schon der Schaffner – was ist denn auf einmal passiert? Es war doch noch gerade 2023. Wie kann es denn jetzt 2045 sein? Ich muss durch die Zeit gereist sein – das gibt es also doch! Und wie hat sich die Welt verändert? Bist du damit zufrieden?
Thomas: Mensch, das ist ja Wahnsinn! Aber ja, ich bin zufrieden, wir können alle zufrieden sein. Halle ist sehr gewachsen.
Malena: Ja, das erscheint mir auch so. Außer mir ist alles irgendwie viel größer geworden. So viele Menschen überall, das ist ein bisschen anstrengend. Aber was ist noch anders?
Thomas: Zum Beispiel haben wir kein Bargeld mehr.
Malena: Ah ja, das ist mir auch aufgefallen. Bist du damit zufrieden bzw. ist die Gesellschaft damit zufrieden?
Thomas: Ja schon. Ich finde das super. Die jungen Leute finden das gut, die älteren Personen nicht.
Malena: Aha okay. Weil Halle so groß geworden ist, weiß ich irgendwie gar nicht mehr, wohin ich muss. Kannst du mir auf WhatsApp den Standort teilen?
Thomas: Aber WhatsApp gibt es doch auch schon ewig nicht mehr, Malena lebst du etwa hinterm Mond? Aber ich kann dir das so zeigen: Du machst ein Foto und drückst danach auf das Bild, und dann sendet es dir automatisch die Kontaktdaten und Standorte und alles, was du brauchst. Dann erscheint auch mein Kontakt, hier – bzw. von allen, die in der Nähe sind. Da kannst du mir schreiben.
Malena: Okay, alles klar, vielen Dank!
3. Akt: In einer Bar
Johann: Hallo Thomas! Wie geht’s dir? Was hast du so gemacht?
Thomas: Äh, mir geht’s gut. Ich bin bisschen verwirrt. Hab heute ne alte Bekannte getroffen. (zum Kellner gewandt) Ich nehme ein Bier, bitte.
Johann: Was ist denn?
Thomas: Ich habe heute Malena getroffen. Mit der war ich in der Schule früher. 2023 habe ich sie zuletzt gesehen, nach der Schule ist sie direkt nach Frankreich gezogen, um da eine Ausbildung zu machen. Seitdem habe ich sie nicht gesehen, die ganzen letzten 22 Jahre. Aber heute stand sie auf einmal vor mir auf der Straße. Und hat mich auf 40 geschätzt!
Johann: Mensch – was? Das ist doch bestimmt die, die ich heute im Zug kontrolliert habe. Ich kontrollierte so ganz normal die Fahrkarten, wie immer. Aber die hatte auf einmal einen Fahrschein von 2023! So ein richtig alter, wie früher. Sah wahnsinnig aus. Ich dachte zuerst, es sei doch der 1. April und die veräppelt mich. Aber dann hat sie noch gefragt, wie viel eine Fahrkarte kosten würde und mir dann einen 5-Euro-Schein gegeben, in bar!
Thomas: Wirklich noch Bargeld? Was ist denn mit der los? Das haben wir doch seit 2035 nicht mehr.
Johann: Ja, das habe ich mir auch gedacht, es ist doch alles digital. Dann ist sie Halle Hauptbahnhof ausgestiegen. Schon ein bisschen komisch…
Beide schauen sich irritiert an und nippen an ihrem Bier.
Redaktion: AJ.