Ruhige Kugel

Zeitreise-Berichte der Klasse 9b des Gymnasium Jessen (Workshop vom 13.06. bis 14.06.2024)


Wir schreiben das Jahr 2045

Liebes Tagebuch,

Die Welt ist sehr leise und es gibt kaum noch Lärm, abgesehen von einigen wenigen Orten wie der Autobahn oder Flughäfen. Es gibt einen großen Überschuss an erneuerbarer Energie und private Haushalte wirtschaften verantwortungsbewusst. Bei Wahlen können die Menschen online von jedem Ort auf der Welt abstimmen. Urlaubsreisen sind billiger geworden, da die Spritkosten wegfallen.

Menschen können sich ihre Gene nach Belieben verändern lassen und so ihre Gesundheit verbessern und ihre Lebensspanne verlängern. Allerdings kostet dies viel Geld, weshalb die Schere zwischen „Arm“ und „Reich“ immer weiter zunimmt. Ein Teil der Bevölkerung ist aufgrund dieser Ungleichheit unzufrieden. Sie fordern gleichen Zugang zu den neuen Technologien.

Es existieren Verschwörungstheorien, wonach alle Politiker korrupt sind und den Bürgern das Geld aus der Tasche stehlen. Außerdem kursieren zunehmend Gerüchte über schädliche Nebeneffekte neuer Erfindungen für den Menschen. Soziale Kontakte haben nicht mehr denselben Stellenwert wie früher. Eine verbesserte medizinische Versorgung für alle ist ein bedeutender politischer Leitsatz des Jahres 2045. 


Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…

1. Akt: Im Club

 Handelnde Personen:  

  • Heiko Klum – Model  
  • Iris – Freundin  
  • Beate – Freundin  
  • Barkeeper  

Iris betritt ihre Stammbar. Sie will sich gerade nach vertrauten Gesichtern umsehen, als ihr jemand auf die Schulter tippt. 

Heiko: Mensch, Iris! Lange nicht gesehen. 

Iris schaut den Mann verwundert an. Er kommt ihr sehr bekannt vor und doch kann sie sich nicht an ihn erinnern. Plötzlich geht ihr ein Licht auf. 

Iris (unsicher): Heidi?

Heiko: Heidi war gestern. Ich bin jetzt Heiko. Ich war den Sexismus, dem Frauen über 40 in unserem Business ausgesetzt sind einfach leid. Also habe ich mir neue Gene gegönnt. 

Iris: Und wie geht es deiner Tochter damit?

Heiko: Ach, die Leni hat jetzt schon zwei neue Geschwister. Die habe ich mir letzte Woche erst bestellt. 

Iris: So? Ich persönlich bin ja wirklich skeptisch, was diese Gen-Bestellungen angeht. Die Kinder haben doch gar keine Ecken und Kanten mehr. 

Heiko: Wer braucht denn Ecken und Kanten? Meine Kinder sind hochbegabt und wunderschön. In der Zukunft können sie zwischen einer akademischen und einer Model-Karriere entscheiden. 

Iris: Na, ich weiß ja nicht…

Heiko: Komm, lass uns erstmal an die Bar gehen. 

Sie gehen an die Theke. Eine Frau dreht sich zu ihnen um. 

Iris: Ach, hallo Beate!

Beate: Hallo Iris. Mensch, Heidi? Bist du das? Was ist denn mit dir passiert?

Heiko: Ich bin jetzt ein Mann. 

Beate (erstaunt): Ach was, hast du dich etwa unters Messer gelegt?

Heiko: Quatsch, wer macht denn noch sowas. Ich habe die neue Gentherapie gemacht. 

Beate (leise): Das ist doch alles Betrug, Mensch! Die da oben wollen uns mit dem Genkram doch nur zu besseren Sklaven erziehen. Ich bin total gegen diesen Mist!

Iris: Naja, ähm, lasst uns doch lieber etwas trinken. Barkeeper! Ich hätte gerne zwei Tequila.

Barkeeper (genervt): Äh, der Automat ist da hinten. 

Iris: Achso, also kann man bei Ihnen nur noch bezahlen?

Barkeeper: Nee, ich bin nur noch zum aufpassen hier.

Iris seufzt betroffen und geht zum Automaten, um ihre Bestellung abzugeben.


2. Akt: Die Talkshow

 Handelnde Personen:  

  • Beate – ältere Dame  
  • Agathe – ältere Dame  
  • Moderatorin 1  
  • Moderatorin 2  

Zwei ältere Damen, Beate und Agathe, betreten das Fernsehstudio, in dem sie von zwei Moderatorinnen erwartet werden. Die Talkshow trägt den Titel “Die Vergangenheit”.

Beate (setzt sich in ihren Sessel): Ach, meine alten Knochen machen das nicht mehr mit. 

Agathe: Mensch, Beate, schön dich mal wieder zu sehen. 

Moderatorin 1: Herzlich wilkommen zu unserer heutigen Ausgabe von “Die Vergangenheit”. Wir haben heute zwei Damen zu Besuch, die uns von ihrem sehr langen Leben erzählen werden. 

Moderatorin 2: Zu meiner Rechten sitzt Beate. In welchem Jahr sind Sie geboren?

Beate: 1945.

Moderatorin 2: Und zu meiner Linken sitzt Agathe. Was ist Ihr Geburtsjahr, Agathe?

Agathe: 1947. 

Beate: Ich hätte nie gedacht, dass ich so alt werde. Das habe ich alles nur dem guten Doktor Bernd zu verdanken. 

Agathe: Achja, das Schnuckelchen. 

Moderatorin 1: Das ist doch ein gutes Stichwort. Was ist denn ein Arzt, Agathe?

Agathe: Ach, ein Arzt, dass waren Menschen, die denselben Job machen, den heute eure Automaten erledigen. 

Moderatorin 2: Ein Mensch? Wie ist denn das möglich?

Beate: Naja, der hat studiert. 

Moderatorin 1: Woher kommt denn deren Wissen?

Agathe: Na aus Büchern. 

Moderatorin 2: Bücher? Was ist das denn?

Beate: Das waren kastenförmige Papierhaufen, mit beschriebenen Blättern zwischen zwei Deckeln. 

Moderatorin 1: Unglaublich. Man hat also versucht auf Papier darzustellen, wie eine Operation durchzuführen ist. 

Moderatorin 2: Lassen Sie uns über Ferien sprechen. Wie haben Sie denn damals die Welt bereist? 

Agathe: Ha, die Welt bereist. Das klingt ja zauberhaft, ganz als sei das etwas alltägliches. Das war uns gar nicht möglich. Es war viel zu teuer. 

Beate: Jaja. Übrigens, Agathe, ich fahre nächste Woche zum ersten Mal mit meinen 18 Enkelkindern zu Mond. Ganz normaler Ausflug heutzutage. 

Moderatorin 1: Sie haben nur 18 Enkel?

Beate: Na mehr braucht man ja heutzutage nicht. 


Moderatorin 2: Vielen dank für Ihre spannenden Auskünfte! (zum Publikum) Das war unsere heutige Ausgabe von “Die Vergangenheit”. Wir würden uns freuen, wenn Sie nächste Woche wieder einschalten könnten.


3. Akt: Im Park

 Handelnde Personen:  

  • Oma Beate  
  • Wiebke – ihre Enkelin  
  • Valerie – ihre Enkelin  

Oma Beate ist mit zwei ihrer Enkelkinder, Valerie und Wiebke, im Park verabredet. Sie unpünktlich, da sie gerade noch gewählt hat. 

Beate: Entschuldigt die Verspätung, meine lieben Kinderchen. Ich war eben noch wählen. 

Wiebke: Du gehst noch wählen? 

Beate: Natürlich. Warum denn nicht?

Valerie: Warum denn das? Die sind doch alle korrupt, die Politiker. 

Beate: Ach, das ist mir egal, solange ich am Ende des Monats mein Geld auf dem Konto habe. 

Wiebke: Diese ganze Gentechnik. Das ist nur noch komisch. 

Valerie: Stimmt. Die Reichen werden durch sie reicher, die Armen ärmer. Wir sind ja noch gut aufgestellt. Aber was sollen denn die Armen tun?

Beate: Was geht’s mich an. Solange ich meinen Wohlstand halten kann, wähle ich auch die New-Wave-Partei.

Wiebke: Also meiner Meinung nach, lügt die New-Wave-Partei die Menschen nur an. 

Valerie: Ich muss mir nochmal gut überlegen, ob ich wählen gehe. Ich will zwar weiterhin so leben wie jetzt. Aber ich habe auch ein schlechtes Gewissen wegen der armen Leute. 

Wiebke: Sag mal, Oma. Kennst du überhaupt eine andere Partei als die New-Wave-Partei?

Beate (denkt nach): Hm, ehrlich gesagt nicht, nein. 

Wiebke: Siehst du. Daran sieht man ja, wie manipuliert wir alle sind. 

Valerie: Die sorgen dafür, dass nur noch sie gewählt werden und sonst niemand. 

Beate: Kommt, meine Kinder. Wir sind doch zusammengekommen, um über etwas Schönes zu sprechen. Lasst uns die Politik beiseite lassen.