Wem gehören die Slums?

Zeitreise-Bericht der Klasse 10a des Herder-Gymnasiums in Merseburg (Workshop 14.-15. März 2023)


Wir schreiben das Jahr 2045

Im Jahr 2045 liefern Drohnen den Menschen all das, was sie brauchen. Medizinische Erfolge werden erreicht und gefeiert, neben anderen Erfolgen für das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Menschen.

Der Krieg und die Ernährungskrise erweiterte den Spalt zwischen Arm und Reich sogar noch weiter als es schon vor dem Krieg die Wirtschaftskrise tat. Doch trotz der großen finanziellen Unterschiede sind die Menschen glücklicher als je zuvor und vertrauen auf ihre Regierung. Grund dafür sind die viel gefeierten Erfolge in der Krebsforschung, die verbesserte Mobilität durch Drohnen und Magnetschwebezüge und nicht zuletzt der endlich gewonnene Frieden.

Bei diesen Erfolgen und Errungenschaften ist das Vertrauen in die Politik nicht weiter verwunderlich. Doch die Kluft zwischen Arm und Reich bleibt weiter bestehen. Was das für Auswirkungen für die Menschen haben mag?


Eine Szene, die sich im Jahre 2045 zugetragen hat…

1. Akt: An der Dönerbude

 Handelnde Personen:  

  • Oma Barbara – Seniorin  
  • Opa Ulli – Senior  

Oma Barbara humpelt offensichtlich unter Schmerzen auf einen Stock gestützt in Richtung Dönerbude. Dort trifft sie auf ihren alten Freund Ulli.

Ulli (sieht sie schon von weitem angehumpelt kommen): Meeeensch, die Barbara! Wie geht’s???

Barbara (humpelt heran und klopft Ulli freundschaftlich auf die Schulter): Hallo Ulli. Es geht mir gut, nur die Hüfte macht Probleme. Du kennst das ja. Den Krebs konnten sie in 10 Minuten heilen, aber die Hüfte habense nich repariert gekriegt. (schüttelt traurig den Kopf)

Ulli (nickt mitfühlend): Ach, wem sagste das. Ich konnte damals mit meiner Hüfte kaum noch aus dem Haus gehen bevor ich sie neu gekriegt hab. Sag mal, willst du auch nen Döner?

Barbara (nickt): Dafür hab ich mich doch extra auf den Weg gemacht. Früher ging das noch schneller, als ich noch Moped fahren durfte. Aber dann wurd’ das ja verboten. (deutet auf eine weiße Soße) Mit extra viel Knoblauchsoße bitte.

Ulli bestellt zwei Döner mit extra viel Knoblauchsoße und wendet sich dann wieder Barbara zu.

Ulli (streckt die Hand aus): 12,- EUR pro Döner sagt er. (stolz) Das ist der billigste Döner hier in der Stadt. Kriegste sonst nicht mehr so billig hier.

Barbara (drückt ihm die 12,- EUR in die Hand und nickt): Ja, ja. Dafür war ich gestern noch arbeiten auf der Baustelle. Mit meinen 80 Jahren, stell dir das mal vor. Damit ich heute meinen Döner bezahlen kann.

Ulli nickt mitfühlend und drückt ihr einen großen Döner mit extra viel Knoblauchsoße in die Hand.


2. Akt: Im Golfclub

 Handelnde Personen:  

  • Alexander – junger Neureicher  
  • Matthias – junger Neureicher  

Alexander trifft auf Matthias in seinem Lieblingsgolfclub. Beide haben sich länger nicht mehr gesehen und begrüßen sich herzlich.

Alexander (freudig): Ja Meeeensch, der Matthias. (hebt die Hand zum Handschlag) Wie geht’s dir? Wie war dein Urlaub in Malle?

Matthias (schlägt ein): Tjaha. An drei Tage davon kann ich mich nicht mehr erinnern (lacht), der Sangria, du weißt schon. (grinst) Und du? Was hast du getrieben?

Alexander (klopft Matthias freundschaftlich auf die Schulter): Typisch Matthias. (lacht) Ich war in Dubai, bisschen rumgefahren dort. War ganz geil. Das dort ist auf jeden Fall mein Lifestyle. Und dann komm ich zurück und sehe von meinem Balkon direkt wieder hier die alten Slums, ey.

Matthias (nickt mitfühlend): Ja, ging mir auch so. Richtig nervig. Hab auch direkt nachm Urlaub dann dem Präsidenten mal ein bisschen Geld zukommen lassen (zwinkert), du weißt schon, damit er da mal was macht.

Alexander (nickt energisch): Ja. Ich hab auch immer das Gefühl die gönnen mir das nicht. Dabei kann ich auch nix dafür, dass ich heute mehr Geld hab. Die hätten damals genauso in Bitcoins investieren können. Habense aber nicht gemacht, kann ich auch nichts für.

Matthias (nickt nachdenklich): Da fällt mir ein, ich hab da auch noch so ein paar Immobilien unten in den Slums. Vielleicht sollte ich die Mietpreise erhöhen, um die da mal endlich rauszukriegen. Dann ziehen die aus, dann reiß ich das Ding ab mit den Robotern. Geht schneller als mit den alten Omas und ihren kaputten Hüften, weißte?

Alexander nickt zustimmend und drückt Matthias einen neuen vergoldeten Golfschläger in die Hand…


3. Akt: Im Regierungsviertel

 Handelnde Personen:  

  • Oma Barbara  
  • Opa Ulli  
  • Alexander  

Barbara und Ulli gehen zusammen auf eine Demonstration im Regierungsviertel, weil ihre Mieten erhöht wurden.

Ulli (zeigt auf Alexander): Guck mal wer da ist! Mein Sohn Alexander! (winkt) Alexander!

Alexander (erkennt entsetzt seinen Vater): Tag, Papa. (schaut beschämt) Was machst du hier?

Ulli (deutet auf die Demonstration): Na, was wohl! Gegen die Miete protestieren. Ich weiß doch ganz genau, dass dein Freund Matthias unser Wohnhaus besitzt. Kannste nicht mal mit dem ein Wörtchen reden?

Barbara (ruft ungläubig): Was?! Du kennst den Eigentümer unserer Wohnhäuser? (hebt bedrohlich ihren Stock in Richtung Alexander) Das glaub ich jetzt nicht! Hast du eine Ahnung wie hoch meine Miete ist, Jungchen?!

Ulli (legt beruhigend seine Hand auf Barbaras Schulter): Beruhig dich. Mein Sohnemann wird daran ja doch nichts ändern. Der hat doch längst vergessen wo er herkommt und was sein Vater alles für ihn getan hat (guckt traurig).

Alexander (murmelt leise): Ich hab dir damals gesagt, du sollst in Bitcoins investieren, Papa.

Ulli wendet sich traurig von seinem Sohn ab und zieht Barbara mit sich in Richtung der anderen Demonstrierenden. Alexander bleibt alleine stehen…